Karlsruher Institut für Technologie belegt: Abwässer aus Geflügelschlachtbetrieb Plukon mit antibiotikaresistenten Keimen belastet
Antibiotikaresistente Bakterien gehören zu den größten Bedrohungen für die globale Gesundheit. Prognosen zufolge könnten im Jahr 2050 weltweit mehr Menschen an Infektionen mit multiresistenten Bakterien sterben als an Krebs oder Herz-Kreislauferkrankungen. Dies betrifft uns alle und vor allem Meschen mit geschwächten Immunsystem.
Ein zentraler Treiber der zunehmenden Belastungen mit resistenten Krankheitserregern ist der übermäßige und routinemäßige Einsatz von Antibiotika gerade in der industriellen Massentierhaltung. In der Tiermast werden in Europa mehr Antibiotika eingesetzt als in der Humanmedizin. Dabei kommen sogar Reserveantibiotika wie Colistin zum Einsatz, die eigentlich als letzte Behandlungsoption beim Menschen gelten.
Eine aktuelle Untersuchung des renommierten Karlsruher Instituts für Technologie mit neusten wissenschaftlichen Untersuchungsmethoden hat in Abwässern des Geflügelschlachtbetriebs Plukon in Gudensberg Befunde mit antibiotikaresistenten Bakterien nachgewiesen. Es zeigte sich, dass das Abwasser aus dem Schlachtbetrieb trotz konventioneller Aufbereitung resistente Bakterien und Resistenzgene gegen klinisch relevante Antibiotika enthält – darunter Erreger, die auch in Krankenhäusern schwer behandelbare Infektionen verursachen und das Gesundheitssystem zunehmend herausfordern.
Martin Häusling, Mitglied des Europäischen Parlaments in den Ausschüssen für Landwirtschaft, Umwelt und Gesundheit, für Bündnis 90/Die Grünen, kommentiert:
„In Gudensberg sehen wir wie durch ein Brennglas die globale Problematik der Antibiotikaresistenz.“
Untersucht wurden verschiedene Gruppen fakultativ pathogener Bakterien die auch für gefährliche Krankenhausinfektionen verantwortlich sind. Gerade für den Nachweis klinisch relevanter Antibiotikaresistenzgene kamen molekularbiologische Methoden zum Einsatz, die viel genauer sind, als herkömmliche Kultivierungsmethoden.
Während frühere Untersuchungen von Behörden lediglich auf chemische und biologische Parameter mit klassischen Methoden beschränkt waren, analysierte die Karlsruher Studie gezielt Antibiotikaresistenzgene und antibiotikaresistente Bakterien. Diese methodische Tiefe erklärt, warum erstmals Daten zu resistenten Bakterien mit Infektionspotential in Abwässern des Schlachtbetriebs vorliegen.
Es wurde eine deutlich hohe bakterielle Gesamtbelastung gemessen. Der deutliche Nachweis für bakterielle Kontaminationen auch mit kritischen Bakterien weist auf ein Risikopotential zur Kolonisierung bei Menschen im Falle von Kontakten mit den Wässern hin.
Die Analyse ergab im Detail:
- Antibiotikaresistente Bakterien wurden als lebend und kultivierbar nachgewiesen, d.h. sie haben Vermehrungspotential im Falle einer Kontamination von Mensch und Tier.
- Nachweis ESBL-produzierender Enterobacteriaceae
Diese Bakterien stellen Enzyme der Klasse der„Extended Spectrum Beta-Lactamases“ (ESBL) her. Laktamasen sind für die Resistenz gegen Antibiotika aus der Gruppe der Beta-Laktame (wie Penicilline und Cephalosporine) verantwortlich. Diese ESBL-produzierenden Bakterien wurden in Konzentrationen detektiert, die auf eine nicht ausreichende Reinigungsleistung im Hinblick auf bei fakultativ pathogenen Bakterien in der Kläranlage des Schlachtbetriebs hinweisen.
- Enterokokken und E. coli waren besonders häufig vertreten – typische Indikatoren für fäkale Verunreinigung, können bei Menschen u.a. Durchfälle auslösen.
- Nachweise von Resistenzen gegen klinisch eingesetzte Antibiotika auch gegen Reserveantibiotika wurden bereits in Wässern des Reinigungsprozesses nachgewiesen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich diese Resistenzgene über den Auslauf der Kläranlage in den Vorfluter verbreiten.
- Wie neben dem mecA Methicillin Resistenzgen wurden auch Resistenzgene gegen weitere Reserveantibiotika bereits in den Abwässern des Betriebs identifiziert wie z.B. das Colistin-Resistenzgen mcr-1 und Vancomycin Resistenzgen vanA.
- Manche Resistenzgene sind auf mobilen genetischen Elementen wie Plasmiden vorhanden und tragen zur Verbreitung von Resistenzen gegen Antibiotika bei.
Das Abwasser ist ein Eintragspfad in die Umwelt mit dem Risiko, dass sie Antibiotika-Resistenzgene sich dort vermehren und langfristig etablieren. Daher bleibt es bei der Aussage: Der Goldbach bleibt kontaminiert und die Stadt Gudensberg muss darauf reagieren.
Eine Abwasserleitung in die Eder wird das Problem mit den antibiotikaresistenten Bakterien nicht lösen, sondern nur einen Verdünnungseffekt haben.
Ich fordere:
- Solange jeden Tag bis zu 750 m3 Abwasser in den Goldbach fließen, müssen Maßnahmen zum Schutz der Anwohner von der Stadt Gudensberg getroffen werden.
- Meine Forderungen an Plukon: Unverzüglich weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Reinigung vorzunehmen. Am besten Membranfilter, die die Keimbelastung wirkungsvoll reduzieren oder die schon lange versprochenen Ozonanlage.
Es muss von Seiten der Firma Plukon gefordert werden, dass Produzenten keine Reserveantibiotika einsetzen.
Anhang
Reserveantibiotika sollen nur dann eingesetzt, wenn alle anderen antibiotischen Ansätze zur Therapie von Infektionen bei Menschen und Tieren bereits versagt haben. Das diese besonders kritischen Gene trotzdem in der industriellen Geflügelproduktion nachgewiesen wurden, zeigt das Ignorieren der gesetzlichen Regel. Denn: Schlechte Haltungsbedingungen dürfen nicht durch Antibiotikagabe kompensiert werden – doch die Realität sieht anders aus, das belegen nun auch die Karlsruher Untersuchungen. In der Hühnerhaltung erhalten rund 90 Prozent der Tiere Antibiotika. Das widerspricht nicht nur dem Tierschutzgedanken, sondern gefährdet auch die menschliche Gesundheit.
Das Fazit: Auch wenn die Kläranlage vom Zulauf bis zum Ablauf die Wasserbelastung reduziert, ist und bleibt die industrielle Geflügelhaltung eine Quelle zur Verbreitung von Antibiotikaresistenzen. Antibiotikaresistenzen sind ein Umwelt-, Tierschutz- und Gesundheitsproblem – und sie sind menschengemacht. Wenn wir jetzt handeln, können wir Milliarden sparen und langfristig viele Leben retten.










