Chemikalienpaket der EU-Kommission: Deregulierung, die krank macht
Mit dem gestern vorgestellten Chemikalienpaket – bestehend aus einem Aktionsplan und einem sogenannten Omnibus-Vorschlag – schlägt die Europäische Kommission einen gefährlichen Kurs ein. Anstatt den Wandel zu sicherer und nachhaltiger Chemie zu gestalten, stellt sie mit zahlreichen Deregulierungen die Interessen der Industrie über den Schutz von Mensch und Umwelt. Martin Häusling, Mitglied in den Ausschüssen für Landwirtschaft, Umwelt und Gesundheit im EU-Parlament, kommentiert:
„Das Chemikalienpaket steht im Widerspruch zum Green Deal und dem vormals ausgerufenen Null-Schadstoff-Ziel. Es ist kein Schritt in Richtung Zukunft, sondern ein politisches Zugeständnis an die Chemie-Industrie – auf Kosten von Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz.
Auch wenn die Chemie-Industrie von ‚Vereinfachung‘ spricht: hier handelt es sich schlicht um die Absenkung von Standards. Das empört besonders, weil wieder einmal keinerlei Folgenabschätzung unternommen wurde. Im Europäischen Chemikalienrecht (REACH) werden hingegen seit Jahren Verschärfungen blockiert – vorgeblich, weil zunächst Folgeabschätzungen einer solchen Verschärfung unternommen werden sollen. Diese Ungleichbehandlung im Gesetzgebungsprozess empört! Außerdem untergräbt diese Doppelmoral die Glaubwürdigkeit der EU-Politik und benachteiligt Unternehmen, die frühzeitig in sichere Alternativen investiert haben.
Beim Thema PFAS bleibt das Paket enttäuschend vage. Obwohl die Gefahren der „Ewigkeitschemikalien“ längst bekannt sind, fehlen verbindliche Verbote und klare Zeitpläne. Diese fahrlässige Aufschieberitis straft alle Aussagen zu Bemühungen der Kommission um Umwelt- und Verbraucherschutz Lügen.
Der Kern des Pakets, der sogenannte Chemikalien-Omnibus, bringt massive Verschlechterungen bei drei zentralen Rechtsakten:
- In der Kosmetikverordnung sollen künftig krebserregende und fortpflanzungsschädigende Stoffe zugelassen werden, wenn sie „nur“ beim Verschlucken oder Einatmen gefährlich sind. Diese Trennung ist lebensfern – besonders bei Produkten, die direkt auf Haut, Lippen oder Kinderhaut aufgetragen werden. Gleichzeitig werden Ausnahmeregeln erleichtert und Übergangsfristen verlängert.
- In der Verordnung zur Einstufung und Kennzeichnung von gefährlichen Stoffen (CLP) werden zentrale Verbraucherinformationen geschwächt: klare Anforderungen an Warnhinweise entfallen, Pflichten zur Kennzeichnungsaktualisierung werden verzögert, und selbst Werbung für gefährliche Stoffe soll künftig ohne Warnungen möglich sein.
- In der Düngemittelverordnung wird die Pflicht gestrichen, alle enthaltenen Stoffe gemäß REACH zu registrieren – ein klarer Rückschritt im Stoffdatenmanagement.
Auch wenn der Aktionsplan im Chemikalienpaket zahlreiche Ankündigungen enthält: viele dieser Punkte waren bereits seit Langem in Planung, eine tatsächliche Bewertung bleibt mangels konkreter Inhalte derzeit kaum möglich. Besorgniserregend ist jedoch die Ankündigung weiterer Omnibus-Gesetze, u. a. zu Pflanzenschutzmitteln und Umweltrecht. Damit droht sich ein besorgniserregender Trend zu beschleunigter Aushöhlung zentraler Umweltstandards zu verstetigen.
Die Prioritätensetzung der EU-Kommission ist zutiefst enttäuschend und riskant: Stärkung der Chemie-Industrie statt Investition in unser aller Gesundheitsschutz.“
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