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Der deutsche Wald ist in einem miserablen Zustand, so zeigen es die Erhebungen der Bundeswaldinventur. Im Vergleich zu den vor zehn Jahren erhobenen Daten ist der Zustand des Waldes nochmal deutlich schlechter geworden. Martin Häusling, Abgeordneter im Europäischen Parlament und dort in den Ausschüssen für Landwirtschaft und Umwelt, kommentiert:

 

‚Dem deutschen Wald geht es schlecht, so zeigt es die Bundeswaldinventur. So schlecht, dass es ein Ding der Unmöglichkeit ist, mit Hilfe des Waldes die Klimaschutzziele im Landnutzungssektor (LULUCF) und bis 2045 Treibhausgasneutralität zu erreichen.
Zeit, sich von der Illusion zu verabschieden, dass der deutsche Wald als Kohlenstoffsenke es schon richten wird mit dem Klimaschutz - der Wald emittiert nun selbst Treibhausgase.


Die Ursachen für den schlechten Zustand des Waldes liegen im Klimawandel selbst,- durch Dürren, Windwurf und Borkenkäfter sind die krisenanfälligen Fichtenbestände deutlich dezimiert. Hinzu kommt die vielfältige Nutzung - und so drängt sich auf: Übernutzung - unserer Wälder. Die Ansprüche an den Wald sind riesig - als Rohstoffquelle für Baumaterial, Papier- und Textilherstellung sowie als ‚erneuerbare Energie‘. Und ganz nebenbei soll der Wald dann auch noch sauberes Wasser, gesunden Boden, Artenschutz und Erholungsraum für uns bereithalten. Das klingt nach der Quadratur des Kreises.

Die Bundeswaldinventur zeigt aber auch Lichtblicke auf: der Laubholzanteil steigt, die Wälder werden vielfältiger und mehr Totholz verbessert die Waldgesundheit. Darauf müssen wir dringend aufbauen - mit einer konsequenten Reform der Forstwirtschaft mit Fokus auf Schutz und Schonung des Waldes. Dazu gehört auch eine Anpassung der Schalenwildbestände damit die Naturverjüngung eine Chance hat.  Ein starkes Bundeswaldgesetz mit verlässlichen Vorgaben wäre dringend vonnöten um Leitplanken für mehr Klima- und Naturschutz im Wald vorzugeben und ins zielgerichtete Handeln zu kommen.

Deutschland steht nicht alleine da mit seinem schlechten Wald-Zustand. Auch auf EU-Ebene gibt es viel zu tun, die EU-Forststrategie muss den nachhaltigen Waldumbau vorantreiben. In den nächsten Jahren wird uns das EU-Wald-Monitoring Daten liefern zum Zustand der Wälder in Europa. Darauf dürfen wir aber nicht warten; dass es dem Wald nicht gut geht, steht ja auch jetzt schon außer Frage‘.

Hintergrund

Ergebnisse der vierten Bundeswaldinventur: https://www.bundeswaldinventur.de/fileadmin/Projekte/2024/bundeswaldinventur/Downloads/BWI-2022_Broschuere_bf.pdf

Die Bundeswaldinventur ist die umfangreichste Erhebung zum Zustand der Wälder in Deutschland und wird alle zehn Jahre durchgeführt: https://www.bundeswaldinventur.de/

https://www.youtube.com/watch?v=5PviSTV57q4

Einblick in die Erhebung der Daten für die Bundeswaldinventur: https://youtu.be/27s4ReE41F4

Waldtagung https://www.martin-haeusling.eu/termine/3156-3-wald-tagung-wald-im-spannungsfeld-von-oekologie-oekonomie-am-22-november-2024.html

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Podcast

Tagesgespräch mit Martin Häusling (Grüne): Artensterben mindestens so schlimm wie Klimawandel
aus der Sendung vom Fr., 27.10.2023 18:05 Uhr, SWR2 Aktuell, SWR2 , Jenny Beyen

https://www.swr.de/swr2/leben-und-gesellschaft/martin-haeusling-gruene-artensterben-mindestens-so-schlimm-wie-klimawandel-100.html

 230305 Weltspiegel Getreide Spekulation


Weltweit: Die Zockerei mit Getreidepreisen | WDR für Das Erste

An der Hauptstraße nach Nouakchott sitzt sie und siebt Weizen aus dem Sand – jeden Tag. Was hier liegt, weht der Wind von den LKW. Fatimetou ist eine von vielen Frauen, die so ihren Unterhalt bestreiten. In einem Land, in dem Lebensmittelkosten den Großteil des Einkommens ausmachen, ist jedes Weizenkorn wertvoll. Auch Fatimetou merkt, dass alles plötzlich mehr kostet. Warum aber und wer dahinter steckt, das wisse sie nicht, sagt sie.

Mauretanien ist abhängig von Getreide aus dem Ausland. Wenn die Lieferungen ausbleiben, dann steigt der Preis. Aber das ist nur ein Teil des Problems. Denn eigentlich wird weltweit genug Weizen produziert. Doch der Rohstoff ist zum Spekulationsobjekt geworden.
Getreide – ein Spekulationsgeschäft

Paris. Hier sitzt die wichtigste Handelsbörse für Weizen in Europa: Euronext. Neben der Rohstoffbörse in Chicago die weltweit größte und wichtigste. Ein Teil der Ernte wird hier gehandelt: Dabei sichern Getreidehändler ihre millionenschweren Weizen-Lieferungen mit Termingeschäften ab, sogenannten Futures.

Lange vor der Ernte verkaufen Landwirte ihre Ware und garantieren die Lieferung einer bestimmten Menge. Händler kaufen für einen fixen Preis und übernehmen so das Risiko einer schlechten Ernte. Steigt der Preis in der Zeit bis zum Fälligkeitstermin, profitiert der Investor. Sinkt er, erhalten die Landwirte dennoch den vereinbarten Preis – eine Art Versicherung. Und normalerweise ein Win-Win-Geschäft für alle Seiten. In Krisenzeiten aber setzen Investoren und Spekulanten auf stark steigende Kurse und treiben mit Milliardensummen den Preis in Rekordhöhen.

Zu diesem Ergebnis kommt die Investigativ-Journalistin Margot Gibbs. Mit einem internationalen Team hat sie Daten analysiert, um zu verstehen, warum sich der Weizenpreis bei Kriegsbeginn innerhalb weniger Wochen verdoppelte. Offenbar pumpten Investoren große Mengen Geld in den Markt. Aber wer? Die meisten Käufer blieben anonym. Lediglich für zwei börsengehandelte Fonds, sogenannte ETFs, konnte Gibbs‘ Team massive Investitionen nachweisen.

"Wir haben herausgefunden, dass die beiden größten Agrar-ETFs in den ersten vier Monaten 2022 für 1,2 Mrd. Dollar Weizen-Futures gekauft haben – verglichen mit 197 Millionen für das gesamte Jahr 2021. Das war sehr auffällig", erzählt die Investigativ-Journalistin. Dass innerhalb kürzester Zeit viel Geld in die Märkte fließt, ließ sich zuvor bereits bei der Finanzkrise und der Schuldenkrise beobachten. Das Problem: Danach sank der Preis nie wieder ganz auf Vor-Krisen-Niveau. Mit drastischen Folgen für die betroffenen Länder. Im Sommer 2022 verschärfte sich die Lage in Mauretanien dramatisch.
Eingriff zwingend notwendig

Mamadou Sall ist verantwortlich für die Lebensmittel-Beschaffung beim World Food Programme. Hunderttausende sind vom Hunger bedroht. Hier gibt es Probleme mit dem Nachschub. Aber nicht, weil der Weizen fehlt, sondern das Geld. Die Auswirkungen von Krieg und überhöhten Weltmarktpreisen – so sehen sie aus: "Die größte Herausforderung ist, dass wir mit den Spenden, die wir bekommen, immer weniger Hilfsgüter einkaufen können. Für das Geld, mit dem wir früher 100 Tonnen Weizen bezahlen konnten, bekommen wir bei den derzeitigen Preisen nur noch fünfzig Tonnen. Und die Auswirkungen für die Hilfsbedürftigen sind massiv."

Um genau solche Fehlentwicklungen künftig zu verhindern, gab es bereits nach der letzten Ernährungskrise 2011 Rufe nach staatlicher Regulierung. "Eine ganze Reihe von Leuten hat sich zu Wort gemeldet, einige sogar aus der Branche und sagten: Dieser Markt ist kaputt. Er folgt kaum noch den Grundsätzen von Angebot und Nachfrage. Er ist eine reine Wettbude", sagt Margot Gibbs. Doch sämtliche Regulierungsversuche verliefen weitgehend im Sande.

Im Haushaltsausschuss des EU-Parlamentes saß auch damals schon Martin Häusling. Er kann sich noch gut an die Debatten der vergangenen Jahre erinnern. Die Diskussion war am gleichen Punkt wie heute. Für den gelernten Bio-Landwirt sind deshalb auch die Forderungen noch die gleichen wie damals. "Wir müssen als erstes eine Spekulations-Bremse einziehen, wenn wir merken, da wird offensichtlich darauf spekuliert, dass der Preis steigt. Da muss die Politik eingreifen können und den Preis müssen wir dämpfen."
Große Konzerne mit zu viel Macht

Doch das Problem reicht tiefer. Ein Grund für die Einladung zur Spekulation in Krisenzeiten liegt in der globalen Marktkonzentration: Fünf internationale Agrarkonzerne teilen sich untereinander drei Viertel des Welthandels an Agrarrohstoffen. Es sind die sogenannten ABCD-Konzerne: Archer Daniels Midland, Bunge, Cargill und Louis Dreyfus. Zusammen mit dem chinesischen Agrargigant Cofco bilden sie die "Big Five", die Großen Fünf. Wie viele Millionen Tonnen Weizen in ihren Lagern wartet, ist Geschäftsgeheimnis. Zu einer Veröffentlichung sind sie nicht verpflichtet. Eine Einladung für Spekulanten.

"Ja, wir müssen uns überlegen, wie wir die Macht sozusagen von diesen großen Konzernen auch ein Stück weit eindämmen. Dass wir sehen, dass die nicht das ganze Geschäft übernehmen, sondern dass wir zum Beispiel auch dafür sorgen, größere Reserven in staatlicher Hand zu haben", sagt Martin Häusling.

Passiert nichts, dann bleibt der lebenswichtige Rohstoff Weizen Spekulationsobjekt und Druckmittel im politischen Poker: Nach dem Getreideabkommen zwischen Russland und der Ukraine fiel der Weizenpreis. Doch in wenigen Tagen läuft das Abkommen aus. "Die Gefahr ist, wenn das Getreideabkommen nicht verlängert wird, dann stehen wir tatsächlich wieder vor der Frage: Wie kommt das ukrainische Getreide auf die Märkte? Und dazu haben wir noch das Problem, dass irgendeine Handelsroute geschlossen ist, die Spekulationen anfangen und der Getreidepreise durch die Decke geht", erklärt Häusling weiter.

Doch selbst wenn weiterhin ukrainische Weizenschiffe ablegen können, die nächste globale Krise wird kommen – ob Krieg, Naturkatastrophen, Epidemien – und mit ihr die Spekulation.

Autor:innen: Tatjana Mischke / Martin Herzog

Stand: 05.03.2023 19:12 Uhr

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